- Straßenverkehr: Ökologische Aspekte
- Straßenverkehr: Ökologische AspekteDer Kraftfahrzeugbestand nimmt weltweit stetig zu und beläuft sich derzeit auf etwa 650 Millionen. Allein in Deutschland sind über 46 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen, davon sind rund 40 Millionen Personenkraftwagen (Pkw), zwei Millionen Krafträder und zwei Millionen Lastkraftwagen (Lkw). Nahezu jeder zweite Einwohner Deutschlands besitzt demnach ein Auto. Bis zum Jahr 2010 soll es in der Bundesrepublik 45,5 Millionen Pkw geben. Nur noch in den Vereinigten Staaten und in Luxemburg ist der Kraftfahrzeugbestand pro Kopf höher.Durch die Öffnung des Ostblocks wurde Deutschland zum meistgenutzten Transitland der Verkehrsdrehscheibe Europa. Der Verkehr leistet einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere für den grenzfreien europäischen Binnenmarkt. Alle Kraftfahrzeuge produzieren jedoch Emissionen, die den Menschen und die Umwelt belasten. Außerdem hat der Verkehr Geräusche und Erschütterungen zur Folge. Das Auto gilt daher als Umweltverpester Nummer eins. Für viele Menschen verkörpert das Automobil aber auch Eigenständigkeit und Freiheit, Kraft und Prestige.Die Entwicklung des Straßenverkehrs in den vergangenen 30 Jahren ist durch den Anstieg der Fahrzeugzahl um das 3,85fache gekennzeichnet. Im gleichen Zeitraum haben die Straßenlängen jedoch nur um das 1,5fache zugenommen. Dies zeigt, dass zwar ein politisches Ziel erreicht wurde, nämlich immer mehr Menschen die Nutzung des individuellen Autoverkehrs zu ermöglichen. Aber die damit verbundene Forderung, Fahrwege zu schaffen, die dem erhöhten Verkehrsaufkommen genügen, wurde nicht erfüllt.Die wirtschaftliche Entwicklung ist häufig auch mit der Verlagerung von Produktionsbetrieben und damit von Arbeitsplätzen verbunden. Der mobile Mitarbeiter nimmt größere Anfahrtswege in Kauf, um den Umzug zu vermeiden und mit seiner Familie in der gewohnten Umgebung bleiben zu können. Damit steigt die Fahrleistung, aber auch der Zeitbedarf für den Weg von und zur Arbeitsstelle. Im Zeitraum von 1970 bis 1990 stieg die Gesamtfahrleistung aller Kraftfahrzeuge um mehr als das Doppelte. Zusammen mit dem Zuwachs an Automobilen ergeben sich daraus wesentliche Belastungen für die Umwelt.Die Luftqualität spielt für das Wohlbefinden des Menschen eine bedeutende Rolle. Durchschnittlich werden von einem Menschen täglich 10 000 Liter Luft eingeatmet. Die lufthygienische Situation wird dabei unter anderem von den Emissionen, dem grenzüberschreitenden Transport von Luftschadstoffen, der topographischen Lage und dem Witterungsablauf bestimmt. Die Emissionen der Schadstoffe werden zum überwiegenden Teil (rund 75 Prozent) durch Verbrennungsvorgänge in häuslichen, gewerblichen und industriellen Feuerungsanlagen sowie durch Verbrennungsmotoren verursacht. Nicht verbrennungsbedingte Emissionen spielen lediglich bei Stäuben und organischen Verbindungen eine nennenswerte Rolle und sind daher im Wesentlichen auf Produktionsbetriebe beschränkt.Der in den Brennstoffen Steinkohle, Braunkohle und Öl enthaltene Schwefel wird bei Verbrennungsvorgängen oxidiert und als Schwefeldioxid (SO2) mit dem Rauchgas abgeführt. Bis Anfang der 1970er-Jahre, als der rasch steigende Energiebedarf fast ausschließlich aus schwefelhaltiger Kohle gedeckt wurde, war Schwefeldioxid zusammen mit den vorwiegend ebenfalls aus der Verbrennung stammenden Stäuben der maßgebliche Luftschadstoff. Heute hat Schwefeldioxid seine Bedeutung als wichtigster Luftschadstoff weitgehend verloren, da die Emissionen trotz eines steigenden Energiebedarfs nach und nach gesenkt werden konnten. Dafür verantwortlich waren vor allem milde Winter und eine Reihe von technischen Maßnahmen zur Emissionsminderung. Diese Maßnahmen wurden im Rahmen der Gesetzgebung zum Immissionsschutz (Bundesimmissionsschutzgesetz) und den daraus resultierenden Verordnungen, wie etwa der Technischen Anweisung (TA) Luft, ergriffen.Schwefeldioxid ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das besonders in Verbindung mit Staub auf die Atemwege wirkt. Es reizt die Haut und die Schleimhäute durch die Bildung von schwefliger Säure sowie Schwefelsäure. SO2 spielt in Verbindung mit Stickstoffdioxid eine bedeutende Rolle bei der Entstehung des sauren Regens und — damit verbunden — auch bei der Boden- und Grundwasserversauerung.Stickoxide und KohlenmonoxidStickstoff ist neben Sauerstoff der Hauptbestandteil der Luft und findet sich auch in gebundener Form in verschiedenen Brennstoffen wieder. Hauptquelle der Stickoxide (Stickstoffoxide) sind Verbrennungsvorgänge in Anlagen und Motoren. Durch die teilweise Oxidation des im Brennstoff und in der Verbrennungsluft enthaltenen Stickstoffs entsteht zunächst überwiegend Stickstoffmonoxid (NO), das anschließend durch Luftsauerstoff zu Stickstoffdioxid (NO2) weiter oxidiert wird. Zusätzlich entstehen auch Spuren anderer Stickstoffoxide, zum Beispiel Distickstoffoxid (N2O). Wie beim Schwefeldioxid konnten die Emissionen aus Kraftwerken und Industrie durch den Einsatz von Entstickungsanlagen in den 1980er-Jahren vermindert werden. Durch die Einführung des Drei-Wege-Katalysators für Pkw mit Benzinmotoren nahmen seit 1990 auch die Stickoxidemissionen des Straßenverkehrs deutlich ab.Stickstoffmonoxid ist ein farb- und geruchloses Gas, das in Wasser unlöslich ist. Für den Menschen besteht seine Schadwirkung in der Einschränkung der Sauerstofftransportkapazität durch eine Oxidation des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin). Das aus NO gebildete Stickstoffdioxid ist ein äußerst giftiges, braunrotes Gas. Schon geringe Konzentrationen rufen bei normaler Atmung eine Reizung der Schleimhäute hervor. NO2 ist aber auch für Pflanzen schädlich. Dies gilt insbesondere für solche Pflanzenformationen, die natürlicherweise arm an Stickstoff sind, wie zum Beispiel in Mooren lebende Pflanzen.Kohlenmonoxid (CO) ist ein farb- und geruchloses, hochgiftiges Gas, das bei der unvollständigen Verbrennung von organischen Verbindungen entsteht. Die bei weitem überwiegende Ursache für die Entstehung von Kohlenmonoxid ist der Kraftfahrzeugverkehr. Obwohl dieser nur mit etwa 25 Prozent am Verbrauch fossiler Energieträger beteiligt ist, erzeugt er über 70 Prozent aller Kohlenmonoxidemissionen. Neben dem Verkehr stellt der Hausbrand eine nennenswerte Kohlenmonoxidquelle dar. Der Anteil des Kraftfahrzeugverkehrs an den Kohlenmonoxidemissionen stieg in den 1970er-Jahren an und stagnierte in den 1980er-Jahren. Die Gesamtemission an Kohlenmonoxid nimmt seit Beginn der 1990er-Jahre trotz gestiegener Fahrleistungen ab, da vor allem bei Haushalten und Kleinverbrauchern durch Umstellung auf Brennstoffe mit erheblich günstigerem Emissionsverhalten eine deutliche Reduzierung der CO-Emissionen erzielt werden konnte.Die Schadwirkung des Kohlenmonoxids beim Menschen besteht in der Blockade des Hämoglobins für den Sauerstofftransport, da Kohlenmonoxid rund 240-mal stärker an das Hämoglobin gebunden wird als Sauerstoff. Davon sind besonders die sauerstoffbedürftigen Organe wie Herz und Gehirn betroffen. Bereits ein Anteil von 2 % in der Atemluft, wie er beim Aufenthalt im Stadtverkehr auftreten kann, hat Auswirkungen auf das Zentralnerven-, Gefäß- und Atmungssystem. Bei 20 bis 30 % treten erste Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schwindelgefühle auf, 40 bis 50 % führen bereits zu schweren Vergiftungen wie Kollaps oder Ohnmacht.Kohlenmonoxid wird im Körper nicht abgebaut, kann aber in »sauberer« Luft langsam wieder abgeatmet werden. In den Innenstädten ist die Kohlenmonoxid-Konzentration aufgrund der hohen Verkehrsdichte besonders groß. Sie fällt jedoch mit zunehmender Entfernung von der Quelle rasch ab. CO wird relativ schnell zu Kohlendioxid (CO2) oxidiert, das zwar nicht direkt gesundheitsschädlich ist, aber den Treibhauseffekt verstärkt.Bis Mitte der 1990er-Jahre wurde Benzin in Deutschland mit organischen Bleiverbindungen, wie zum Beispiel Bleitetraethyl oder Bleitetramethyl, zur Erhöhung der Octanzahl, das heißt der Klopffestigkeit, versetzt. Diese sind fettlöslich und werden daher gut über die Haut aufgenommen. Sie können das Zentralnervensystem angreifen und zu Lähmungen führen. 1991 wurde noch ein Viertel des Otto-Kraftstoffs verbleit, obwohl bleifreier Kraftstoff für nahezu alle Motoren eingesetzt werden kann. Verbleites Normalbenzin ist seit dem 1. Februar 1988 veboten. Der Absatz von verbleitem Kraftstoff betrug 1995 in Deutschland weniger als sechs Prozent. Inzwischen wird verbleiter Kraftstoff nicht mehr angeboten.Die unmittelbar gesundheitsschädlichen Autoschadstoffe erreichen die höchsten Konzentrationen in den bodennahen Luftschichten von dicht bebauten, verkehrsreichen Straßenschluchten und Ortsdurchfahrten sowie in den Staubereichen vor Ampeln und Kreuzungen. Die Abgase können dort kaum abziehen, da die Luftzirkulation durch die dichte und/oder hohe Bebauung häufig behindert ist.Lärm und ErschütterungenVon Menschen verursachter Lärm führt — anders als viele andere Umweltprobleme — primär nicht zu Belastungen oder Verschmutzungen der natürlichen Umwelt, die dann auf den Menschen zurückwirken, sondern beeinträchtigt die Lebensqualität des Menschen direkt. Lärm wird einerseits subjektiv als störend, vielerorts sogar als erheblich belastend empfunden, andererseits kann die Lärmbelastung auch objektiv erfasst und anhand ihrer negativen gesundheitlichen und psychosozialen Auswirkungen festgestellt werden. Die Hauptbelastungsquelle beim Lärm ist der Straßenverkehr. Eine vom Institut für praxisorientierte Sozialforschung 1994 durchgeführte Studie hat ergeben, dass 68 Prozent der Bevölkerung spontan Autos nennen, wenn sie nach störenden Lebensbedingungen in ihrem Wohngebiet gefragt werden. Vom Umweltbundesamt 1985 durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass rund 8,5 Millionen Bundesbürger erst bei geschlossenen Schallschutzfenstern ungestört vom Straßenlärm schlafen können und etwa 8 Millionen Menschen einem erhöhten Gesundheitsrisiko (Beeinträchtigung des Herz-Kreislauf-Systems) durch Straßenverkehrslärm ausgesetzt sind.Von den ungefähr 46 Millionen Kraftfahrzeugen in Deutschland werden deutlich wahrnehmbare Außengeräusche entwickelt. An der Spitze der Belästigungsskala stehen Krafträder, Mopeds und Lastkraftwagen. Die Pkw stellen zwar die leiseste aller Fahrzeugkategorien dar, aufgrund ihrer großen Anzahl und ihrer Geschwindigkeit sind sie jedoch die Hauptquelle für den Straßenverkehrslärm.Die von einem Fahrzeug emittierten Geräusche setzen sich im Wesentlichen aus zwei Anteilen zusammen, dem Antriebsgeräusch und dem Rollgeräusch. Die Antriebsgeräusche werden bestimmt durch die Geräuschanteile des Ansaugtrakts und des Auspuffs. Motordrehzahl und Gaspedalstellung beeinflussen die Geräuschentwicklung. Mit höherer Motordrehzahl steigt der nach innen und außen abgegebene Schallpegel. Der Pegel des Rollgeräuschs, das exakter als Reifen-Fahrbahn-Geräusch bezeichnet werden sollte, wird sowohl durch die Reifen als auch durch den Fahrbahnbelag bestimmt und wächst mit der Fahrgeschwindigkeit. Lärmminderungsmaßnahmen an Kraftfahrzeugen führten vor allem in den letzten Jahren zu einer Minderung der Antriebsgeräusche, sodass diese heute nur bei Anfahr- und Beschleunigungsvorgängen und niedrigen Geschwindigkeiten pegelbestimmend sind. Der Straßenverkehrslärm hängt also nicht nur vom Fahrzeug, sondern wesentlich auch vom Fahrverhalten und von den Fahrbedingungen ab. Letztere werden wiederum stark von der Verkehrsdichte beeinflusst: Je dichter der Verkehr, umso öfter müssen die Autofahrer anfahren und bremsen.Die Lärmbelästigung ist nicht messbar. Ob jemand bestimmte Geräusche als störend empfindet, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Der Geräuschpegel kann jedoch mit der logarithmisch aufgebauten Dezibelskala quantitativ angegeben werden. Sie erfasst die Schallintensitität von der Hörschwelle bis zur Schmerzgrenze in Werten von 0 bis 130 Dezibel (dB). Der vom Straßenverkehr verursachte Lärm liegt hauptsächlich im Bereich von 70 bis 90 dB. Rechtsgrundlage für die Lärmvorsorge, die beim Neubau beziehungsweise einer wesentlichen Änderung von Straßen Anwendung findet, sind die Verkehrslärmschutzverordnungen.Verkehrslärm beeinträchtigt auf vielfältige Weise die Gesundheit. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Krankheiten und sogar Magengeschwüre ursächlich mit einer Verkehrslärmbelastung zusammenhängen. Eine gravierende Auswirkung ist die Beeinträchtigung des Schlafs. Besonders ungünstig sind dabei laute, auffällige Einzelgeräusche während der Nachtzeit. Verkehrslärm beeinträchtigt aber auch die Erholung und Entspannung in der Wohnung sowie im Freien und stört die Kommunikation. Er stört außerdem konzentriertes Arbeiten und beeinträchtigt das Lernen sowie die Sprachentwicklung der Kinder. Schallpegel über 90 dB führen in der Regel bei allen Tätigkeiten zu Leistungseinbußen. Dies äußert sich unter anderem in verminderter Aufmerksamkeit, Ablenkung, Erhöhung der Reaktionszeit, Verlangsamung geistiger Prozesse und Verminderung der Motivation. Der Körper reagiert auf Lärm mit negativen Gemütszuständen wie Verärgerung und Nervosität bis hin zu Aggressivität.Schwere Fahrzeuge erzeugen nicht nur Lärm, sondern auch Bodenerschütterungen. Aus Forschungen, die unter anderem von der Federal Highway Administration in den USA durchgeführt wurden, geht hervor, dass Bodenerschütterungen vor allem mit dem Fahrzeuggesamtgewicht und der Fahrgeschwindigkeit zusammenhängen. Die Stärke der Bodenerschütterungen wächst proportional zum Fahrzeuggesamtgewicht; wird aber das Gesamtgewicht auf zusätzliche Achsen verteilt, nehmen auch die Erschütterungen ab. Diese verbreiten sich in einem Umkreis von 60 Meter, darüber hinaus sind sie praktisch nicht mehr spürbar.Straßenverkehr und GrundwasserbelastungBei der Boden- und Wasserbelastung handelt es sich um eine Kettenreaktion. Schadstoffe, die in den Boden gelangen, werden oft bis ins Grundwasser weiter transportiert. Bodenverunreinigungen sind von Gebiet zu Gebiet unterschiedlich: Abgelegene ländliche Regionen werden in der Regel weniger belastet als Stadt- und Industriegebiete. Hierbei spielen jedoch die Faktoren Schadstoffart, Wind und Niederschlag eine bedeutende Rolle. Je nach Aufbau der Böden können Schadstoffe in ihnen festgelegt, gespeichert oder umgewandelt werden. Diese Filter-, Speicher-, Puffer- und Transformatorfunktionen des Bodens werden gegenwärtig oft überbeansprucht. Auffälligste Folge ist die Versauerung von Waldböden, eine wesentliche Ursache für die Waldschäden. Durch die Versauerung, das heißt die Verminderung des pH-Werts, werden Nährstoffe ausgewaschen sowie Aluminium und Schwermetalle freigesetzt. Dadurch besteht die Möglichkeit einer Gefährdung des Grundwassers. Belastungen des Bodens sind vor allem gefährlich, weil zwischen Ursache und Wirkung häufig eine lange Latenzzeit liegt und Schäden oft gar nicht oder nur unter großem Aufwand behoben werden können. Einer der Hauptverursacher der Bodenbelastung ist der Straßenverkehr, der bei einer hohen Straßendichte besonders ins Gewicht fällt.Die vom Kraftfahrzeugverkehr freigesetzten Stickoxide belasten nicht nur Luft und Vegetation, sie tragen auch zur Versauerung des Grundwassers bei. Allein um Straßen zu bauen und zu erhalten, sind in Deutschland jährlich mehrere 100 Millionen Tonnen Mineralstoffe erforderlich. Dies hat den Abbau von Lagerstätten zur Folge. Ein zunehmender Anteil der Straßenbaustoffe stammt zwar aus industriellen Nebenprodukten und recycelten Materialien, doch muss deren Verwertung nicht zwangsläufig umweltschonend sein. So wurde bis in die 1960er-Jahre für den Straßenbau auch Steinkohlenteerpech, ein Nebenprodukt bei der Verkokung von Steinkohle, verwendet, das Krebs erzeugende organische Stoffe an den Boden und letztendlich an das Grundwasser abgibt.Jährlich fallen allein auf einem Kilometer Straße 10 Tonnen Gummiabrieb von Autoreifen an. Außerdem werden jährlich rund 10 000 Tonnen Farbstoffe für die Fahrbahnmarkierungen auf die Straße gebracht. Feine Farbstoffteilchen können — adsorbiert an Dieselrußpartikel — über den Fahrbahnrand hinaus in den Boden und von dort ins Grundwasser gelangen. Der Abrieb des Fahrbahnbelags und der Bremsbeläge ist eine weitere Belastungskomponente. In den Wintermonaten werden darüber hinaus Salze als Auftaumittel zum Schutz vor Glatteis verwendet. Der Großteil der Salze wird mit dem Fahrbahnwasser in die Gräben gespült. Dieses Wasser versickert dort entweder im Boden oder gelangt in nahe Entwässerungsanlagen. Im Boden kann das Salz die Pflanzen durch Wasserentzug auf indirektem Weg oder — nach Aufnahme durch die Wurzeln — unmittelbar schädigen. Aber auch die Verschiebung des Nährstoffgleichgewichts belastet langfristig die Vegetation.In Deutschland werden jährlich über 40 Millionen Tonnen Gefahrgut auf der Straße transportiert. Im früheren Bundesgebiet ereigneten sich pro Jahr weit über 1000 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen, wie zum Beispiel Heizöl, Altöl, Kraftstoff, Säuren oder Laugen, bei der Lagerung und vor allem beim Transport. Etwa 80 Prozent der Unfälle führten zu Folgeschäden durch auslaufende wassergefährdende Stoffe.FlächenbedarfDurch den neuartigen Straßenbau der Nachkriegszeit hat der Flächenverbrauch für Straßen stark zugenommen. In Deutschland sollen die Straßen einen hohen Fahrkomfort und ein hohes Tempo garantieren. Dafür baute man breite, möglichst gerade Straßen mit großen Kurvenradien, guten Überholmöglichkeiten, durchlaufenden Regelquerschnitten, nur mäßiger Steigung, vielspurigen Kreuzungen und Einmündungen mit großen Sichtfeldern, weiten Eckausrundungen und großzügigen Stellplatzabmessungen. Hierdurch sollte das gesamte Straßennetz zügig, bequem, ohne unnötiges Abbremsen, ohne Wartezeiten und ohne Rangieren befahrbar werden. Verkehrstempo und -fluss standen im Vordergrund.1,2 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands wird von befestigten Straßen eingenommen. In freier Landschaft kommt jedoch zu den Straßenflächen die sechsfache Fläche hinzu, die in ihrer Nutzbarkeit stark beeinträchtigt ist. Auf einem Kilometer Stadtautobahn könnten leicht 1000 Wohnungen gebaut werden. Ein einziges Autobahnkreuz entspricht flächenmäßig dem Zentrum einer Kleinstadt. Der Flächenanspruch des Autoverkehrs ist tragisch, weil er nach den bisherigen Planungsstrategien als unverzichtbar und mit anderen Flächenansprüchen nicht überlagerbar gilt. Er tritt dadurch immer in Konkurrenz zu anderen Flächennutzungsansprüchen und verdrängt diese. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu vielen früheren Wegeflächen, die unter anderem gleichzeitig als Verkehrsraum, Aufenthaltsraum, Grünfläche und ökologische Ausgleichsfläche dienten. Heute ist auf den Straßen nur für Autos Platz — und für sonst nichts.Der Flächenverbrauch für Straßen ist ökologisch gravierend, weil es sich fast ausschließlich um asphaltierte oder betonierte Flächen handelt. Diese Versiegelung hat viele negative Folgen. Sie beschleunigt beispielsweise den Abfluss der Niederschläge. In den Städten fließen 80 Prozent aller Niederschläge oberirdisch ab. Dies vermindert die Grundwasserbildung und Bodendurchfeuchtung und begünstigt Hochwasser in den siedlungsnahen Gewässersystemen. Außerdem erzwingt der schnelle Abfluss Straßenentwässerungs-, Kanal- und Rückhaltesysteme, die die Bauwerke verteuern. Die Versiegelung fördert die Überhitzung der Städte, insbesondere der dicht bebauten Viertel. Sie verringert zudem die Bodenluftfeuchtigkeit und verändert so nachhaltig in negativer Weise das Mikroklima. Jeder Verlust an unversiegeltem Boden bedeutet einen Verlust an natürlicher Regenerationsfähigkeit für die Städte.Siedlungsräume brauchen Straßen als Verbindungsglieder. Fußgänger-, Rad- und Schienenwege, Flüsse oder Bäche müssen dann unter- oder überführt werden. Der freie Blick wird gestört und die Orientierung erschwert. Luft und Wasserströmungen werden geändert und nachhaltig beeinflusst. Stadtautobahnen können abschreckende Beispiele für die Zerschneidung von Städten sein. Kaum 20 Jahre alt, müssen sie heute beispielsweise zu Tunneln umgebaut oder durch Lärmschutzwände mit Fußgängerstegen ergänzt werden.Gefahr für Mensch und TierStraßen erschließen die Landschaft, fördern die Mobilität und die wirtschaftliche Entwicklung. Zusammen mit Siedlungsgebieten prägen Verkehrsachsen das Landschaftsbild; sie gliedern den Raum und schaffen neben Verbindungen auch Grenzen. Als Folge des dichten Straßennetzes und des hohen Verkehrsaufkommens in Mitteleuropa kommt es zu Zusammenstößen zwischen Tieren und Straßenbenutzern. Auch Tiere haben Raumansprüche und benötigen beispielsweise freien Zugang zu ihren Nahrungsplätzen und Deckungen. Durch den Straßenbau werden Schutzgebiete eingeengt, Populationsräume und Kerngebiete von Wildtieren zerschnitten. Die Erschließung bringt Störungen aller Art selbst in entlegendste Gebiete. Immissionen entwerten die benachbarten Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Besonders sind diejenigen Tierarten betroffen, die hohe verkehrsbedingte Verluste erleiden, ein ausgeprägtes Wanderverhalten zeigen sowie große Raumansprüche stellen und daher durch Straßen in der Ausbreitung stark behindert werden. Konfliktpotenzial birgt der Straßenverkehr auch für den Menschen. Damit sich ungleiche Teilnehmer möglichst gefahrlos nebeneinander bewegen können, gibt es die Straßenverkehrsordnung. Obwohl die Unfallraten, jeweils bezogen auf 100 Millionen Fahrzeugkilometer, von 1970 bis 1993 eine deutlich abnehmende Tendenz zeigen, ist der Verkehrsunfalltod die häufigste Todesursache im Kindesalter.Was kosten Staus?Die seit langem auseinander laufende Entwicklung zwischen Fahrzeugbestand und Fahrleistungen einerseits sowie dem Straßennetz andererseits muss zwangsläufig zu Verkehrsproblemen aufgrund hoher Verkehrsdichte führen. Der enge Zusammenhang zwischen Mobilität und Wirtschaftsleistung ist seit Jahren bekannt. Die bereits besprochenen Folgen des Straßenverkehrs für den einzelnen Verkehrsteilnehmer und das Straßennetz werden durch einen behinderten Verkehr wesentlich verschärft. Der ungleichmäßige Verkehrsfluss, bis hin zum Stau mit Stillstand, schafft nicht nur Ärger und Verdruss, sondern messbaren Schaden. Wartezeiten von Mensch und Fahrzeug sind Verluste im Sinne nicht erbrachter Arbeitsleistung, aber auch vergeudeter Freizeit. Die skurrile Ausnahme der »Freude am Stau« ist sicher nicht verlustmindernd.Staus verursachen für jeden Arbeitnehmer eine Einbuße von rund 6000 DM pro Jahr oder 500 DM pro Monat. Diese Zahlen erheben nicht den Anspruch auf Genauigkeit. Sie haben aber die Qualität einer statistisch fundierten Schätzung. Investitionen zur Verbesserung des Verkehrsflusses sind daher auf lange Zeit volkswirtschaftlich sinnvoll. Die Verbesserung von etwa einem Kilometer hoch belasteter Autobahnstrecke verursacht Kosten von 550 Millionen DM. Verglichen mit den durch Staus verursachten Kosten, sind solche Beträge jedoch marginal.Autofahren ist trotz gestiegener Lebenshaltungkosten so preiswert wie noch nie. Zwar wird die Anschaffung eines Neuwagens immer teurer und die Versicherungsprämien werden immer höher, doch sind diese Kosten im Grunde nicht an die sonstige Preissteigerung angepasst. Gleichzeitig nehmen Umweltschäden zu, allen technischen Verbesserungen, wie dem Katalysator, zum Trotz. Der Grund hierfür ist das stetig steigende Fahraufkommen. Die Schäden an Luft, Wasser und Boden sowie die Lärmbelastung gehen dabei immer noch zulasten der Allgemeinheit. Das gilt auch für Unfall- und Personenschäden, die die Volkswirtschaft zu tragen hat.Das Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) errechnete bereits für das Jahr 1989 nach Abzug der Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer einen Betrag von knapp 53 Milliarden DM an ungedeckten technischen, ökologischen und sozialen Kosten, die allein durch den Lkw-Verkehr verursacht wurden. Nach dieser Studie schlug der Pkw-Verkehr, ebenfalls nach Abzug der Steuereinnahmen, mit über 216 Milliarden Mark zu Buche, wobei jeweils nur der Verkehr in den alten Bundesländern berücksichtigt wurde. Daraus ergaben sich Gesamtkosten von durchschnittlich 4500 DM pro Kopf und Jahr.Angesichts solcher Zahlen wurden Forderungen laut, diese »externen« Kosten, die bislang die Allgemeinheit zu tragen hatte, zu »internalisieren«. Das bedeutet, dass jeder, der als Verkehrsteilnehmer die Umwelt nutzt, nach dem Verursacherprinzip auch dafür bezahlen soll. Auf diese Weise würde das Gut »Umwelt« den Gesetzen der Marktwirtschaft unterworfen. Dies ist allerdings problematisch, denn die zweifelsfreie Ermittlung der Schadenverursacher ist kaum möglich. Außerdem müssten alle Schäden genau beziffert werden. Dennoch ist die geschätzte Höhe der entstehenden Umweltbelastungen eine entscheidende Kalkulationsgrundlage für die tatsächlichen Verkehrskosten.AutomüllUmweltbelastungen ergeben sich nicht nur während der »Lebenszeit« von Autos. Wenn diese ausgedient haben, verursachen sie weitere Umweltprobleme. Das Auto ist das voluminöseste Konsumgut unserer Wohlstandsgesellschaft, das regelmäßig auf dem Müll landet. Es bedarf deshalb einer eigenen Entsorgungsinfrastruktur. Die Schrottplätze müssen eine ausreichende Bodenisolierung aufweisen, da flüssige Schadstoffe wie Batteriesäure oder Altöl in den Boden und in das Grundwasser eindringen und es verschmutzen können.Auch die Entsorgung der Reifen stellt ein großes Problem dar. Jährlich fallen über 320 000 Tonnen Altreifen an. Diese können runderneuert oder als Granulat aufbereitet werden, oder sie werden zur Energiegewinnung verbrannt. Bei der Reifenverbrennung können beträchtliche Schadstoffbelastungen durch Ruß und Kohlenwasserstoffe auftreten, die nur durch spezielle Abgasreinigungsanlagen herauszufiltern sind. Autos bestehen zu etwa einem Drittel aus giftigen oder schwer zu entsorgenden Materialien, die nicht in die Hausmülldeponie gehören. Inzwischen gibt es in Deutschland die freiwillige Rücknahmeübereinkunft der Automobilproduzenten, die in einigen Jahren in eine Rücknahmeverpflichtung für alle Altfahrzeuge übergehen wird. Damit ist gewährleistet, dass bereits bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge auf die Recyclingfreundlichkeit geachtet wird.Prof. Dr. Hans-Dieter HaasWeiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:Schifffahrt: Ökologische AspekteLuftfahrt: Ökologische AspekteGrundlegende Informationen finden Sie unter:Stadt: Ökologische AspekteBossel, Hartmut: Umweltwissen. Daten, Fakten, Zusammenhänge. Berlin u. a. 21994.Einmal Chaos und zurück. Wege aus der Verkehrsmisere, herausgegeben von Tine Mikulástiková u. a. Köln 1998.Öko-Lexikon. Stichworte und Zusammenhänge, herausgegeben von Hartwig Walletschek u. a. München 51994.Olsson, Michael / Piekenbrock, Dirk: Gabler-Kompakt-Lexikon Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Wiesbaden 31998.Opaschowski, Horst W.: Umwelt - Freizeit - Mobilität. Konflikte und Konzepte. Opladen 21999.Umweltdaten Deutschland 1995, herausgegeben vom Umweltbundesamt u. a. Berlin u. a. 1995.
Universal-Lexikon. 2012.